Literatur

Die Haltung und den Stil eines Autors wiedergeben.

 
„Là, tout n’est qu’ordre et beauté,
Luxe, calme et volupté.“

Auch die, die kein Französisch können, hören ganz bestimmt die betörende Musikalität dieser beiden Verse, deren Wechsel zwischen Zweier- und Dreierrhythmus das Ohr des Lesers wiegt. Die Verse entsprechen also der Absicht, die Baudelaire im Titel des Gedichts ankündigt: „L'invitation au voyage“ („Einladung zur Reise“). Wie kann man vorgehen, damit dieser Text in einer anderen Sprache die gleiche Wirkung auf den Leser hat?

Literaturübersetzung beginnt bei einer Textanalyse: Es geht darum, die Haltung des Textes zu definieren, seine Wirkung auf die Leser auszudrücken, die vom Autor angewandten Stilmittel wahrzunehmen, die jene Wirkung erzielen.

Eine literarische Übersetzung darf keine wörtliche Übersetzung sein, sondern muss sich die notwendige Freiheit nehmen, um sicherzustellen, dass der übersetzte Text auf den Leser eine möglichst ähnliche Wirkung wie die der Originalsprache hat. Wie die Übersetzung von Stefan George, in der der regelmäßige Rhythmus der trochäischen Vierheber uns ebenso wiegt:

„Dort wo alles friedlich lacht –
Lust und Heiterkeit und Pracht.”
  • Originaltitel: Liebe in Zeiten des Hasses (S. Fischer, 2021)

  • Flammarion, 2022, 512 Seiten

  • ISBN: 9782080264589

Um mehr über die Herausforderungen dieser Übersetzung zu wissen, siehe meinen Artikel (auf Französisch).

 

Auf der Suche nach einem französischsprachigen Verlag…

Vier Frauen, vier Epochen, Erzähler-Objekte:

Adas Raum

Sharon Dodua Otoo

Vier Frauen, zwei weiße und zwei schwarze, alle Ada genannt, werden in vier prägnanten Epochen wiedergeboren. Die verschiedenen Erzählerstimmen sind Objekte, die von einem Geist besetzt sind, der zwischen jeder Epoche sein Aussehen mit einem weiblichen Gott neu verhandelt. Ein Perlenarmband durchzieht die Erzählung.

Aktuelle Themen wie Feminismus, Rassismus, Kolonisation und die Restitution von Kulturgütern an ehemalige Kolonien werden im Rahmen einer perfekt konstruierten Erzählung mit Ernst und Humor behandelt.

 

Zwischen Roman und Dichtung:

Für den Herrscher aus Übersee

Teresa Präauer 

Eine Fliegerin führt in einem seltsamen Fluggerät Zugvögel zu ihren Winterquartieren. Zwei Kinder lernen einen Sommer lang bei ihren Großeltern auf dem Land zu lesen und zu fliegen, während ihre Eltern um die Erde fliegen. Ein Großvater erzählt sein früheres Leben als Pilot und erwähnt dabei vor allem sehnsüchtig seine Jugendliebe, eine mysteriöse Japanerin, die mitten im Nirgendwo gestrandet ist, weil ihr Flugzeug eine Panne hatte.  

Ein poetischer Roman vom Lesen, Schreiben und Fliegen, von Vögeln, Kindheitsträumen und rätselhaften Liebschaften…

 

Die Erinnerungen von Gad Beck:

Und Gad ging zu David – Die Erinnerungen des Gad Beck, 1923 bis 1945

Gad Beck / Frank Heibert 

Gad Beck, jüdisch-christlich und schwul – eine wenig willkommene Kombination im Berlin des Dritten Reiches. Von einer sorglosen Kindheit in der Geborgenheit einer jüdisch-christlichen Familie zum Leben im Untergrund erzählt Gad Beck sein Leben in einem prickelnden Ton, voller Humor, Zärtlichkeit und Lebensfreude trotz des schwierigen historischen Kontextes.

 
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Übersetzungen

Goethe Institut, Paris – Haus Heinrich Heine, Paris

Auszüge aus deutschsprachigen Romanen zur Vorbereitung der Lesung mit ihren jeweiligen AutorInnen: Michael Ebmeyer (Landungen), Hans Pleschinsky (Königsallee), Julia Schoch (Mit der Geschwindigkeit des Sommers), Lena Gorelik, Alexandra Friedmann (Besserland).

Texte der Autoren Norbert Kron, Wolfram Eilenberger, Lucas Vogelsang über Fußball.

Slams von David Friedrich und Bente Varlemann.

Goldschmidtprogramm für junge deutsch-französische LiteraturübersetzerInnen

Auszug aus dem Roman Landungen von Michael Ebmeyer, in der zweisprachigen Broschüre des Goldschmidtprogramms (Ausgabe 2013, S. 38-43) veröffentlicht.

„Als Catherine Livet mit einem spannenden Literaturprojekt auf mich zukam, kannte ich sie noch nicht. Dank ihrer Professionalität und ansteckenden Begeisterung hat sich schnell eine regelmässige Zusammenarbeit entwickelt, die sich vor allem durch ihre Verlässlichkeit sowie exzellente und gewissenhaft recherchierte Übersetzungsbeiträge auszeichnete. Darüber hinaus hat Catherine Livet mit ihrer erfrischenden Art auch in Gespräch und Lektüre bei Literaturveranstaltungen das Publikum begeistert. Ihre wunderbaren Übersetzungen und ihre ausgezeichneten sozialen Kompetenzen haben unsere Zusammenarbeit stets zu einem vollen Erfolg und zu einer großen Freude gemacht.“
— Friederike Ridegh, Literaturprogramm Goethe Institut Paris (ehem.)
 

„Eines Tages sah ich den Sonnenuntergang dreiundvierzig Mal!“

Ist so etwas überhaupt möglich? Ja, wenn wir uns auf dem kleinen Planeten des kleinen Prinzen befinden! Für ihn ist es sogar eher normal. Für uns aber nicht. Zwischen seiner und unserer Wahrnehmung besteht eine Diskrepanz. 

Einen fremdsprachigen oder übersetzten Text zu lesen, bedeutet, diese Diskrepanz zu lesen und daran Spaß zu haben. So wird zum Beispiel ein argentinischer Roman von einer argentinischen Leserin und einem französischen Leser nicht auf die gleiche Weise gelesen und wahrgenommen.

Denn von einer Sprache zur anderen, von einer Kultur zur anderen, hat man für ein bestimmtes Wort unterschiedliche Assoziationen. Was der kleine Prinz mit dem Wort „Planet“ verbindet, ist etwas völlig anderes als unsere Assoziation als Erdbewohner.

Diese faszinierende Diskrepanz besteht auch von einem Leser zum anderen. Je nach persönlicher Geschichte und Sensibilität, je nach unterschiedlichen Weltanschauungen, strahlt jedes Wort bei jeder Leserin und jedem Leser etwas anderes aus.

Und was ist mit den Übersetzer·innen? Auf der Grundlage einer rationalen Analyse und Interpretation übersetzen sie eigentlich ihre eigene Lesart des Textes. Es gibt so viele Übersetzungen desselben Textes, wie es Übersetzer·innen gibt. Und so viele Lesarten, wie es Leser·innen gibt.